Spaltenbergungsübung

Nachdem wir ja gestern unseren Schlafplatz um 1000 Höhenmeter nach oben verlegt haben, legen wir heute einen Ruhetag ein.  Als Faustregel gilt, den Schlafplatz ab Höhen über 2500m pro Tag um max 500hm nach oben zu verlegen. Bei 1000hm soll man einen Ruhetag einlegen. Dabei soll man aber ruhig ein paar Höhenmeter machen, nur keine richtige Tour. Da wir die obligatorische Spaltenbergung noch nicht gemeinsam auf dieser Tour geübt haben, sondern nur Trockenübungen im Kiesbett am Bunker in Sande gemacht haben, bietet sich es heute an, den Ernstfall Spaltensturz zu üben. Und da die Spalten in den Westalpen deutlich größer als in den Ostalpen sind, sollte die Bergung im Schlaf funktionieren.  

Wir starten also nach dem Frühstück um kurz nach 7 Uhr. Die Nacht war kalt, deshalb ist der Schnee noch hart. 

Als gute Stelle zur Übung haben wir einen Windkolk um einen Felsen zwischen der Mantovahütte und der 150m höher gelegenen Capanna Gnifetti ausgesucht. Hier ist es angenehmer als in einer echten Gletscherspalte, wo meistens unten Wasser drinsteht und man ein unfreiwilliges Eisbad nehmen kann. 

Wir gehen also in Seilschaft mit 5 Personen, was auf einen Gletscher eine sichere Sache ist. Vier Personen fangen den Spaltensturz einer Person normalerweise so gut ab, dass der Stürzende nur bis zur Hüfte wegsackt. Die Bergung dann erfolgt häufig über Herausklettern oder Ziehen an Seil. Aber hier soll der Ernstfall trainiert werden: Seilzug reicht nicht und eine Eigenbefreiung geht auch nicht. Wir ziehen die Steigeisen aus, die Verletzungsgefahr wäre zu groß. Schließlich will keiner ein Loch in der Hose oder im Bein von den Zacken der Eisen. Dann gehen wir, ich als Seilerster, an die Kante des Windkolks heran und ich suche mir eine Stelle zum herunterspringen aus. Wir gehen ein Stück zurück und starten. Ich springe runter und werde nach knapp zwei Metern schon gestoppt. Um es den anderen nicht zu leicht zu machen, wippe ich ein bisschen herum und das zeigt Wirkung: ich rutsche noch einen guten Meter tiefer. Jetzt beginnt der langweilige Teil für mich, während die anderen oben vor Arbeit zu schwitzen beginnen. Alle stabilisieren nun das Seil, indem sie sich am Boden verkeilt abhocken, während der Seilzweite einen Schneeankerpunkt baut, indem er seinen Eispickel mit einer Bandschlinge dran vergräbt. 

Die Last, also in diesem Fall ich, wird nun auf den Ankerpunkt übergeben und dessen Haltbarkeit geprüft. Nun wird ein einfacher Flaschenzug, Physiker nennen das eine „lose Rolle“, gebaut. Den hake ich mir ein und es geht wieder aufwärts. Das ganze Spiel sollte nicht länger als 15 min dauern, was wir auch hinbekommen. Wir üben das alles noch mehrmals, damit der Abkauf sitzt. Dabei können wir beobachten, wie die Gnifettihütte per Hubschrauber beliefert wird. 


Das erinnert uns daran, dass fast Mittag ist und wir bald essen wollen. Vorher wollen wir uns noch den Gletscher angucken, gesichert selbstverständlich. 

Nun geht’s zur Gnifettihütte zum Essen und danach zur Mantovahütte, um den Rest des Tages mit Schlafen und Erholen zu verbringen. Und essen.  

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